Der Ebertplatz hat sich gewandelt

Der Ebertplatz in Köln gehörte jahrzehntelang zu den problematischen Plätzen in einer Großstadt, vernachlässigt im Unterhalt, beschädigt in der Infrastruktur, den viele mieden, wo Drogenhandel das tägliche Bild bestimmte. Geplant in den 1960er, fertiggestellt in den 1970er Jahren mit damals städtebaulich interessanten Aspekten, von einer wasserkinetischen Plastik bis hin zu einer großzügigen und dem damaligen Zeitgeist entsprechenden Platzgestaltung. Der Ebertplatz hat erheblichen Erneuerungsbedarf und soll auf der Grundlage des städtebaulichen Masterplans einschließlich der umgebenden Straßen in einigen Jahren umfassend neugeordnet und neugestaltet werden. Ein Großprojekt, das einer fundierten und mehrjährigen Planungsvorbereitung bedarf.

Als kriminelle Übergriffe 2017 den gewaltsamen Tod eines Menschen forderten, gab die Stadt Köln den Anstoß, den Ebertplatz mit einer Vielzahl von Maßnahmen bereits „vorgezogen“ zu reaktivieren und ihn durch temporäre Zwischennutzungen wieder zu einem gefragten und beliebten Aufenthaltsort für Familien, Jugendliche und Senioren, Menschen aller Altersgruppen und Kulturen zu machen. Oberbürgermeisterin Henriette Reker setzte ihren Vorschlag durch, mit einem Finanzbudget von circa 1,5 Millionen Euro über drei Jahre kreative Zwischennutzungen zu ermöglichen, um die zentral gelegene öffentliche Platzfläche frühzeitig für die Allgemeinheit zurückzugewinnen und das „Vermeideverhalten“ zu stoppen.

Der jetzt den Fachausschüssen und der Bezirksvertretung Innenstadt zugeleitete detaillierte Zwischenbericht fasst zusammen, was in der Kölner Öffentlichkeit bereits im vergangenen Jahr als „Erfolg“ beschrieben wurde. Der Ebertplatz hat sich gewandelt, obwohl die Drogenszene vor Ort immer noch wahrgenommen wird. Er hat an Aufenthaltsqualität gewonnen, die auch angenommen wird. Die „Zwischennutzung Ebertplatz“ ist ein interessantes Musterbeispiel für die Reaktivierung von problematischen Stadträumen, wie sie in fast allen größeren Städten in der Bundesrepublik zu finden sind. Beachtung hat insbesondere die intensive und unmittelbare Bürgerbeteiligung bei der Entwicklung der Programme und Gestaltungsideen gefunden, ebenso wie die Einbindung von Hochschulen und die Kooperation mit sozialen Trägern und Institutionen vor Ort. Informationen zu allen aktuellen Aktivitäten sind im Internet unter www.unser-ebertplatz.de zu finden.

Der Zwischenbericht im Einzelnen:

Seit dem Ratsbeschluss zum weiterentwickelten Zwischennutzungskonzept für den Ebertplatz am 20. März 2018 erarbeiten Experten, Vertreter von Initiativen und Anwohner in fünf Arbeitsgruppen unter Moderation und Organisation der Stadt Köln Projekte, Konzepte und Veranstaltungen, um den Ebertplatz wieder in einen beliebten und vielfältig genutzten öffentlichen Raum zu verwandeln.

Schwerpunkte bilden die Wiederinbetriebnahme der wasserkinetischen Plastik sowie gestalterische Aufwertungen, verschiedenste Kulturveranstaltungen, Märkte und re-gelmäßige Aktionen auf dem Platz.

Seit April 2018 wurden insgesamt zehn Projekte und Veranstaltungsreihen, darunter Open Air Kino, Konzerte, Kunstausstellungen und Performances auf dem Platz, Straßentheater, ebenso wie eine Lichtinstallation und zwei Diskursformate angeboten. In der Adventszeit eine gut genutzte Eisbahn.

Die Brunnenskulptur des Künstlers Wolfgang Göddertz wurde wieder instand gesetzt. Begleitet von einer mehrwöchigen Kunstaktion wurde der Brunnen im Juli 2018 eröffnet und seither über den gesamten Sommer von zahlreichen Bürgern jeden Alters genutzt und gefeiert. Die Nutzungsstruktur des Platzes änderte sich dadurch grundlegend. Der sonnenreiche Sommer unterstützte diesen Effekt.

Die öffentliche Ausschreibung zur Gestaltung der defekten Rolltreppen an fünf Ab- und Aufgängen richtete sich an Künstlerinnen und Künstler, Architekten, Designer, Kuratoren und künstlerische Kollektive. Aus 53 Bewerbungen wählte eine Jury acht zu realisierende Entwürfe aus, wovon drei bis Ende April 2019 umgesetzt werden sollen.

Die Reaktivierung des Platzes fand auch ihren Ausdruck in neuen Gestaltungselementen. Ehemalige Drogen-Verstecke in Form von Betonblumenkübeln wurden abgebaut und stattdessen zum Beispiel im Rahmen des Projekts „Selberbau“ mit Studierenden ein multifunktionales Holzpodest auf der Platzfläche errichtet, welches sehr gut angenommen wird. Anfang Oktober wurden aufgrund der großen Resonanz zwei weitere Holzplattformen am westlichen Platzende errichtet, die als Sitzgelegenheit, aber auch als Bühne für Kulturveranstaltungen ab 2019 genutzt werden können.

Im Frühjahr 2019 soll der aufgestellte Gastronomie-Container noch eine künstlerische Dachkonstruktion erhalten. Die Werkstatt der KISD erarbeitet zudem gemeinsam mit Gerd Mies (Kunstraum Labor) und Grischa Göddertz weitere Sitzelemente und -skulpturen für 2019.

Temporär installierte Skater-Rampen im Bereich der Passagen werden gut angenommen und ziehen sportliche und junge Menschen an.

Das Amt für öffentliche Ordnung und die Polizei Köln sind nach wie vor täglich und zu unterschiedlichen Zeiten auf dem Ebertplatz im Einsatz. Neben den speziellen Kontrollen des Drogenmilieus durch den Ordnungsdienst der Stadt Köln, wird der Platz täglich gemeinsam mit Polizeibeamten der Landespolizei im Rahmen einer Präsenzstreife kontrolliert. Seit der Wiederinbetriebnahme des Brunnens gehen die Beschwerden über die Zustände am Platz gegen null.

Im Jahr 2018 wurden am Ebertplatz bis Ende August 2018 durch den Ordnungsdienst 20 Personen mündlich verwarnt, 245 Verwarngelder erhoben, sieben Bußgeldverfahren eingeleitet und 39 Platzverweise ausgesprochen.

Der Ebertplatz ist jedoch weiterhin ein Ort, an dem BTM-Verkauf und –konsum stattfinden. Das Polizeipräsidium Köln stellt in dem Zwischenbericht fest: „Die Kriminalitätsentwicklung im Bereich des Ebertplatzes stellt sich mit aktuellem Stand wifolgt dar: Die erfassten Strafanzeigen weisen im Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen deutlichen Anstieg auf. Ein wesentlicher Anteil ist dabei der Betäubungsmittelkriminalität zuzurechnen. Dies steht im ursächlichen Zusammenhang mit den intensiven Präsenz- und Kontrollmaßnahmen in diesem Bereich.

Bei den Diebstahldelikten im öffentlichen Raum von Fahrrädern, dem Taschendiebstahl, sowie an und aus Kraftfahrzeugen sind signifikante Rückgänge festzustellen. Diese Entwicklung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf intensive Kontrollmaßnahmen der Stadt Köln und der Polizei zurückzuführen.“

Im Ergebnis kommt der Zwischenbericht zu dem Ergebnis, dass die bereits erfolgten Maßnahmen des Zwischennutzungskonzepts und die Überwachung durch Polizei und den Ordnungsdienst der Stadt Köln zu einer erheblichen Verbesserung der Situation am Ebertplatz beigetragen haben. Die Situation wird es jedoch weiterhin erfordern, dass die Ordnungsbehörden durch gezielte Maßnahmen den Kontrolldruck am Ebertplatz aufrechterhalten.

Zur Koordination und zum fachlichen Austausch zwischen den weiterhin intensiv bestreifenden Ordnungskräften von Ordnungsamt und Polizei sowie den eingesetzten Streetworkern, aber auch einiger ansässiger Gewerbetreibenden wurde der inzwischen regelmäßig stattfindende „Arbeitskreis Sicherheit und Soziales am Ebertplatz“ gegründet.

 

Perspektiven, Entwicklungen und aktuelle Planungen für den Platz

Die Stadt wird ihre im letzten Jahr begonnen Aktivitäten auf dem Ebertplatz weiterführen.

Unter anderem sind vorgesehen:

  • Pflanzaktion: ca. 9000 Zwiebeln wurden im Winter von Bürgern gesetzt für einen blühenden Ebertplatz im Frühjahr
  • Platzhausmeister*in: Platzhausmeister*innen sind Ansprechpartner für Bürger und helfen bei Veranstaltungen oder Kunstaktionen. Sie bauen temporäres Mobiliar auf und ab, schauen nach dem Rechten, betreuen einen ‚Sportkiosk‘ als Modellprojekt für das Sportamt, etc.
  • EbertPlatzWart-Projekt: Ein Schulwegprojekt in Kooperation mit den städtischen Streetworkern
  • Kinder-Radiowerkstatt sowie weiterhin enge Kooperation mit dem Bürgerzentrum Alte Feuerwache
  • Kulturprojekt Platzhirsche: Ein Förderprojekt im Länderprogramm ‚Kultur macht Platz‘ mit Videowerkstatt
  • Modellbau-Aktion mit dem Bund Deutscher Architekten.
  • Osterferienprogramm: Spielmobil und Kinder-/Familienkonzerte
  • 3 Konzertreihen + 1 Filmreihe auf der Platzfläche und im Kronleuchtersaal
  • Kunstinstallationen: Umbau von fünf defekten Rolltreppen in Kunstinstallationen, unter anderem mit Lichtkunst
  • Planet Ebertplatz: Diskursive Vortragsreihe mit fünf bis acht Veranstaltungen zur Zukunft und städtebaulichen Potenzialen des Ebertplatzes, unter Beteiligung renommierter Wissenschaftler und auch lokalen Spezialisten aus den Bereichen Kunst, Kultur, Städtebau, Architektur, Wirtschaft u.a.m.
  • Mehrere Forschungs- und Entwurfsprojekte nationaler und internationaler Hochschulen, unter anderem aktuell 3 Bachelor- und Masterarbeiten (2 weitere sind bereits abgeschlossen), Ausstellung der Architekturfakultät der TH Köln im April
  • Köln International School of Design (KISD): Einzug und regelmäßige Lehrtätigkeit der KISD im Kunstraum Tiefgarage, gemeinschaftliche Nutzung als sogenannte ‚Gemeinde Köln‘ in Kooperation mit wechselnden Künstlerinnen und Künstlern, KISD, Brunnen e.V. und ‚Schule der politischen Hoffnung‘
  • Lesungen und Lesereihen u.a. mit afrikanischstämmigen Autorinnen
  • Urbaner Sport: Stationäre und mobile Angebote, Skate- und BMX-Obstacles, (Cross-)Boccia, Sport-Kiosk in Kooperation mit dem Sportamt und Landessportbund, weiterhin regelmäßig sonntags Yoga, etc.
  • Inklusiver Ebertplatz: Square Dance, Kinderprogramm, Beteiligungsplattform, etc.
  • Ebert-Markt: Zwei kreative, nachhaltige Marktkonzepte
  • Urban Gaming: Lichtkunstprojekt mit nächtlichen Lichtakzenten auf dem Platz für den Herbst
  • Vorbereitung des Winterprogramms 2019/20
  • Umfangreiches Ausstellungsprogramm des Brunnen e.V. inklusive Vernissagen, Finnissagen, Passagen, ArtCologne, Sommerfest, etc.
  • Regelmäßige Treffen aller fünf Arbeitsgruppen im African Drum, Vorstellung und Diskussion weiterer Projektanträge für 2019, Plenum aller Zwischennutzerinnen und Zwischennutzer Ende März 2019 sowie Angebot: ‚Ebertplatz mitmachen‘ an alle interessierten Bürgerinnen und Bürger an jedem dritten Montag im Monat