Platz-Café

Die Ideenschmieden und der Ratsbeschluss haben den entscheidenden Anstoß gegeben: Auf dem Ebertplatz soll es ein Platz-Café oder eine Außengastronomie geben!

Ein Container, der die Gastronomie beherben wird, steht bereits auf dem Ebertplatz. Ab dem 5. April, parallel zur Brunnensaison 2019, wird er in Betrieb gehen.

Für die Gestaltung der Gastronomie erhalten wir kreative und professionelle Hilfe, damit sie mit den Gegebenheiten vor Ort und den vielen unterschiedlichen Nutzer*innen harmoniert.
Studierende der RWTH Aachen (Fakultät für Architektur, Lehrstuhl für Gebäudelehre und Grundlagen des Entwerfens, Projekt “Selberbau”) und der KISD der TH Köln (Köln International School of Design der TH Köln) haben den Platz in einem ersten Schritt genau beobachtet und analysiert. So sollte herausgefunden werden, wer ihn wie und wo nutzt. Die Ergebnisse sollen Grundlage für die Entstehung eines Gestaltungskonzepts für die Außengastronomie bilden. 

Das Seminar wurde geleitet von Prof. Dr. phil. Dipl.-Ing. Carolin Höfler (Köln International School of Design der TH Köln), Dipl. Ing. Bernadette Heiermann (RWTH Aachen) und Dipl. Ing. Arch. Anna Weber (RWTH Aachen). Weitere Unterstützung kam von Mario Frank.

Was ist bis jetzt geschehen?

In der ersten Woche des zweiwöchigen Workshops im Juni 2018 wurde in einer gemischten Gruppe aus Architektur-Studierenden der RWTH Aachen und Design-Studierenden der KISD der TH Köln eine intensive „Feldforschung“ am Platz durchgeführt.

Dabei wollten die Studierenden herausfinden,
a) welche Akteure und Akteurinnen sich auf dem Ebertplatz identifizieren lassen,
b) wie der Platz zu unterschiedlichen Tageszeiten und Wochentagen genutzt wird,
c) welche Gebrauchsweisen des Platzes vorliegen,
d) welche Praktiken der Platzaneignung und Platzverteidigung es gibt,
e) welche Bewegungsmuster sich ausmachen lassen,
f) welche materiellen Bewegungsspuren auf dem Platz eingeschrieben sind,
g) wo sich die Platzakteure temporär oder dauerhaft aufhalten,
h) welche Beziehungsgefüge den Platz beherrschen,
i) zu welchen Interaktionen die Platzgestaltung motiviert und welche sie ausschließt,
j) welche unterschiedlichen Orten und Atmosphären der Platz aufweist.

In der zweiten Woche haben sich die Studierenden der beiden Hochschulen wieder in zwei unterschiedliche Arbeitsgruppen getrennt. Die angehenden Architekt*innen haben in der zweiten Woche bauliche und ephemere Strukturen für den temporären Aufenthalt entworfen, wovon sich einige auf die Außengastronomie bezogen. Diese offenen Strukturen dienten der Erweiterung der Gastronomie und schufen Orte des Sitzens, des Teetrinkens, des Verweilens. Dabei ging es unter anderem um die Platzierung des Platz-Cafés, wobei manche Entwürfe auch von der Gastronomie losgelöst waren. So gab es Ideen zu atmosphärenstiftenden, raumgreifenden Installationen oder auch einem temporären Turmbau für einen Überblick über den Platz.

Ausstellung RWTH/KISD, Ladenlokal ehem. Deutsche Bank am Ebertplatz, Juni 2018, Foto: Helle Habenicht

Die Designstudierenden haben in der zweiten Woche weitere Feldforschungen unternommen und ihre Ergebnisse in Gestalt von Fotografien, Photogrammetrien, Drohnenfilmen, Interviews mit Bewohner*innen und Platznutzer*innen, Bewegungsaufzeichnungen, Notationen, Mappings, Modellen umgesetzt, die sie später in der Ausstellung in den ehemaligen Geschäftsräumen der Deutschen Bank am Ebertplatz gezeigt haben.

Unter den verschiedenen Teams der KISD der TH Köln gab es eine Gruppe, die die öffentliche mediale Darstellung des Ebertplatzes auf Instagram und in der Mainstream-Presse untersucht hat, um herauszufinden, wie die öffentlichen Wahrnehmungen des Ebertplatzes strukturiert und die Aufmerksamkeiten konfiguriert werden.
Eine andere Gruppe hat den Ebertplatz mit dem Brüsseler Platz und dem Chlodwigplatz verglichen, um zu analysieren, welche Raumprogramme sich von anderen gut funktionierenden Kölner Plätzen auf den Ebertplatz übertragen lassen (von Skate-Flächen über Graffiti-Wandbilder bis zum Wochenmarkt oder Flohmarkt).
Eine weitere Gruppe hat sich mit der Ebertplatz-Passage befasst und alle flexibel eingestellten Architekturen (Kunsträume, Copy-Shop, African Drum etc.) herausgenommen und eine neue Konfiguration flexibler Raummodule vorgeschlagen.

An der Vielzahl der verschiedenen Ergebnisse kann gesehen werden, dass es nicht nur darum ging, einen geeigneten Platz für die Außengastronomie zu finden. Vielmehr ging es grundsätzlich darum, differente Akteure, Orte, Erzählungen und Atmosphären des Platzes auszumachen, freizulegen, systematisch zu untersuchen und möglichst präzise visuell, materiell und sprachlich darzustellen. Um dann in einem zweiten Schritt darüber zu spekulieren, welche Möglichkeiten des Umgangs es gibt – mit der gegenwärtigen Platzarchitektur, mit den temporären und ständigen Platzbewohnern – und mit welchen Nutzungen und Gebrauchsweisen der Platz temporär oder permanent programmiert werden könnte.
(Für die Studierenden der Köln International School of Design der TH Köln ist die Forschung am Ebertplatz nun erstmal vorbei.)

Gab es Unerwartetes und wenn ja, wie sah es aus?

Es gab eine Reihe von unerwarteten Beobachtungen, zum Beispiel:

Der Platz ist in Wirklichkeit kein einheitlicher brutalistischer Megaplatz, er setzt sich stattdessen aus unterschiedlichen Platzräumen, -formen und -materialien zusammen. Es hat sich herausgestellt, dass die unmittelbaren Bewohner*innen am Ebertplatz den Platz überhaupt nicht furchterregend finden.
Für die Negativpresse eignet sich die Platzmitte besser, wohingegen die romantisch-ästhetisierenden Bilder von Instagram hauptsächlich in der Unterführung zur U-Bahn entstanden sind.
Rassismus gibt es in jeder platzeinnehmenden Gruppe (hier spielt die Herkunft oder Ethnie der Personen keine Rolle).
„Platzbegleiter“ sind sowohl Polizisten, die einen Drogendealer wegführen, Identitäre, die Frauen Geleitschutz anbieten und Drogendealer, die Frauen (und auch Männer) gerne ansprechen und mitunter ein Stück des Weges gehen.

Überraschend waren auch die dunklen „Negativräume“ der Passage: Bei der näheren Untersuchung des Platzes wurde erst wahrgenommen, wie groß die eigentliche Fläche dort ist. Denn durch die bauliche Situation (die Passage ist sehr verwinkelt, undurchsichtig und relativ dunkel) wird eher das Gefühl einer Enge vermittelt.
Weiterhin kam die Frage nach den tragenden Mauern auf und was sich alles auf dem begehbaren Dach der Passage befindet (Straßen, Begrünung, Busspur, Fahrradwege, …).
Zu guter Letzt wurde festgestellt, dass der ursprünglich angedachte Platz für den Gastro-Container wahrscheinlich gar nicht so gut ist, da sich an der Stelle Platznutzer den ganzen Tag über aufhalten.

Passt der vorgesehene Zeitplan und können wir im Juli mit dem Start der Selbstbauphase rechnen? Können Sie schon sagen, in welche Richtung die Ideen und Planungen der Studierenden gehen?

Die Architektur-Studierenden der RWTH Aachen werden auf der Kuppe der Platzfläche durch bauliche Überformung zweier vorhandener Objekte (zuerst der sechseckigen Baumumfassung, später des Gastro-Containers) zwei Einzelobjekte bauen, die wie ein Pavillon aussehen werden. Sie sollen als sichtbares Zeichen zur breiteren Aneignung des Platzes sein und die Aufenthaltsmöglichkeiten vergrößern – auch zu unterschiedlichen Tageszeiten.

Mit Hochdruck wurde an der Ausführungsplanung gearbeitet, so dass am Montag den 09.07.2018 mit der Gestaltung der Sitzdecks gestartet werden konnte.